Fortpflanzung von Degus

   
Geschlechtsreife 7 Wochen (♀) / 12 Wochen (♂)
Zuchtreife 53 Wochen
Brunstzyklus 3 Wochen
Tragzeit 85 - 95 Tage
Säugezeit 3 - 6 (∅4) Wochen
   
Geburtsgewicht 14,6 Gramm
Gewicht 170 - 300 Gramm
Zuchtgewicht 220 Gramm
   
Wurfgröße 4-5 (max. 12)
Geschlechterverhältnis ♀ : ♂ 1 : 1,1
   

Geschlechtsreife

Degus sind üblicherweise in einem Alter von 53 - 55 Wochen ausgewachsen und bereits vorher fortpflanzungsfähig. Das Durchschnittsalter beim ersten Wurf liegt in der Wildnis bei 6 Monaten. Das Durchschnittsgewicht wilder Weibchen bei der ersten Empfängnis ist 205 g (Weir 1970), jedoch rät Long (2015), Tiere erst ab einem Gewicht von 220 g zu verpaaren.

In wilden Kolonien ist die Paarungssaison laut Ebensperger & Caiozzi (2002) abhängig von der Tageslänge und startet meist im Mai/Juni wenn die Tiere 12 Lichtstunden und 12 Dunkelstunden ausgesetzt sind. Jedoch werden auch gehäufte Wurfzahlen im September/Oktober sowie wenige im Dezember/Januar beobachtet. Die Zuchtperioden in Gefangenschaft können sehr variabel sein. Degus in der nördlichen Hemisphäre können oftmals das ganze Jahr über nachzüchten, es wurde jedoch auch beobachtet, dass bei Kolonien, die in der nördlichen Hemisphäre gehalten werden, die Paarungszeit im späten Winter beginnt und bis Mitte/Ende des Frühjahrs anhält, wenn bereits die ersten Jungen geboren werden. (vgl. Ebensperger et al. 2002)

 

Brunst

 

Degus haben einen dreiwöchigen Brunstzyklus und sind am Tag des Eisprungs oft merklich aktiver (Nagen, Laufen, Staubbaden). Paarungsbereite Weibchen haben zudem, aufgrund der höheren Oestrogenmenge im Blut, eine um bis zu 4ºC höhere Körpertemperatur (Woods & Boraker 1975 geben eine Normaltemperatur von 37,9°C an).  Ebenso steigt der Testosteronspiegel beim Männchen während der Brunst. Es wird angenommen, dass die vermehrte Ausschüttung von Sexualhormonen unmittelbar mit dem niedrigeren Cortisolspiegel während der Paarungszeit zusammenhängt. Cortisol oder auch Hydrocortison ist ein Stresshormon. Ein erhöhtes Stresslevel und damit eine höhere Cortisolausschüttung bewirken wahrscheinlich einen geringeren Testosteronspiegel bei den Männchen und damit eine geringere Fruchtbarkeit. Für einen erfolgreichen Zuchteinsatz ist Stress also zu vermeiden. Zeigt das Weibchen erhöhte Aktivität und zudem eine geöffnete Vulva, kann es mit dem Männchen zusammengebracht werden.

Die befruchteten Eizellen wandern 4 bis 5 Tage nach der Paarung in den Uterus um sich dann am 7. Tag einzunisten (Weir 1970).

Geburt und Nestlingszeit

 

Nach etwa 85 bis 95 Tagen Tragzeit (Gumnior 2005) kommen die Tiere bereits mit Zähnen, vollständig behaart und mit geöffneten Augen und Ohren zur Welt. Weibchen gebären 3 bis 8, durchschnittlich jedoch 4 bis 5 Jungtiere pro Wurf. Das Geschlechterverhältnis ist nach Weir (1970) 100 Weibchen zu 110 Männchen. Die Zahl der Jungen pro Wurf kann kann ein Minimum von 1 und ein Maximum von 12 haben, auch wenn diese Fälle sehr selten sind. (vgl. Kräh 2015; mehr hierzu)
Die neugeborenen Welpen wiegen durchschnittlich 14 Gramm (Woods & Boraker 1975) und beginnen bereits wenige Stunden nach der Geburt auf dem Rücken liegend zu trinken. Vor allem in den ersten drei Wochen ist eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung der Welpen abhängig von der Anwesenheit und Zuwendung der Mutter. Das Weibchen sorgt durch Aufliegen auf den Jungtieren für die nötige Nestwärme. Der Körperkontakt und die Rufe der Mutter sind ebenso essenziell wichtig. Die Jungen lernen bereits im Alter von nur wenigen Tagen die Stimme der Mutter kennen und antworten auf deren Laute. Auch wenn die Welpen bereits mit 3 bis 4 Tagen die Umgebung des Nestes erkunden und beginnen Nahrung und den Kot erwachsener Tiere zu beknabbern, sind sie dennoch nicht so selbstständig wie sie scheinen: Hantieren im Käfig oder das Trennen des Muttertieres von ihrem Wurf lösen bei den Welpen Stress aus und können insbesondere in den ersten drei Lebenswochen irreversible Schäden hevorrufen (Helmeke et al. 2008). Weibchen mit Wurf sollten also möglichst wenig Störungen ausgesetzt sein, damit sich die Welpen normal entwickeln. 20 bis 21 Tage nach der Geburt ist immer noch ausreichend Zeit, sich mit den Jungtieren zu beschäftigen und sie an Menschen zu gewöhnen. In diesem Alter können die Jungen ihre Körpertemperatur selbst aufrecht erhalten. Nun kann auch eine erste Gewichtskontrolle in Anwesenheit der Mutter durchgeführt werden. Während die Jungtiere in den ersten zwei Wochen zwischen 1 und 3 g pro Tag zunehmen, sind es zwischen der 2. und 6. Woche etwa 5 bis 15 g. Die Körpermasse vergrößert sich am deutlichsten im Alter zwischen 4 und 8 Wochen. Auch wenn es bei erwachsenen Degus keine Gewichtsunterschiede zwischen den Geschlechtern gibt, wurde beobachtet, dass männliche Welpen schneller wachsen und durchschnittlich mehr wiegen als weibliche. (Long & Ebensperger 2009)

Während der Trächtigkeit nimmt das Muttertier merklich an Körpermasse zu. Kurz vor der Geburt macht ein einzelnes Jungtier 5 - 6 % der Körpermasse der Mutter aus (ebd.). Aber auch nach der Geburt wiegt sie noch deutlich mehr als vor der Befruchtung. Besonders in den ersten beiden Säugewochen ist eine langsame Gewichtsabnahme zu beobachten. Da während Trächtigkeit und Laktationsphase die Stoffwechselrate signifikant höher ist und wesentlich mehr Energie verbraucht wird, sollte das Weibchen auch angepasst daran mehr (energiereiches) Futter erhalten.

 

Mutterschaft, Vaterschaft, Patenschaft

 

Wilde Degus leben in Kolonien von 5 bis 15 Männchen sowie deren Weibchen. Die Aufzucht der Jungtiere ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die nicht allein vom Muttertier sondern auch vom Vater und anderen Mitgliedern der Familie bzw. der Kolonie erfüllt wird. Die kooperative Aufzucht steigert nicht nur die Überlebenschancen des einzelnen Jungtieres sondern verhindert auch eine Überforderung des Weibchens. Überdies sammeln junge Erwachsene wichtige Erfahrungen bei der Sorge um Jungtiere, bevor sie selbst Nachwuchs haben. Die Welpen erhalten Aufmerksamkeit und Fürsorge von verschiedenen Gruppenmitgliedern und das Muttertier hat mehr Ruhe. Oftmals finden sich auch mehrere Weibchen zusammen, die all ihre Welpen in einem Gemeinschaftsnest zusammen aufziehen (Ebensperger et al. 2002). Das Männchen kann also während der Aufzucht die meiste Zeit bei Mutter und Wurf bleiben. Nur kurz vor der Geburt und in den ersten Tagen sollte das Männchen abgetrennt werden, um zu verhindern, dass das Weibchen nochmals belegt wird (Oestrus post partum). Das Aufwachsen mit beiden Eltern ist ein wichtiger Faktor für eine psychisch und physisch gesunde Entwicklung. Die Elterntiere verbringen etwa 80% des Tages in unmittelbarer Nähe ihres Wurfes. Vor allem in der ersten Zeit bedeutet dies, dass vor allem das Muttertier, aber auch der Vater auf oder neben den Welpen liegt. Weitere Interaktionen sind Körper-Nase-Kontakt, Schnüffeln, Lecken und Tragen. Später, wenn die Jungtiere entwöhnt sind und selbstständig Nahrung zu sich nehmen, nimmt die Häufigkeit an Mutter-Kind-Kontakten ab, während sich Vater-Kind-Kontakte intensivieren. (vgl. Wilson 1982)

 

Die Jungtiere befassen sich nun auch mit anderen Erwachsenen der Gruppe und vor allem mit ihren Wurfgeschwistern. Neben der Erweiterung der Sozialbeziehungen zeigen die Jungtiere auch großes Interesse für ihre Umgebung. Die Region rund um das Nest wird schon in der ersten Lebenswoche erkundet, nach der Entwöhnung schließen sie sich den Aktivitäten erwachsener Artgenossen an.

 

Für eine planvolle Zucht sollte jedoch immer klar sein, welches Jungtier zu welchen Elterntieren gehört, weshalb eine Koloniehaltung wenig praktikabel ist. Sofern sich Muttertiere durch ihre Farbgenetik unterscheiden und in Kombination mit dem Vatertier eindeutig unterscheidbare Würfe produzieren, sind Zuchtgruppen mit einem Männchen denkbar, werden jedoch nur Tiere des gleichen Farbschlags gehalten oder kann nicht zweifelsfrei jedes Tier den entsprechenden Eltern zugeordnet werden, ist es wohl unumgänglich, Zuchtpaare statt Zuchtgruppen zu unterhalten. Da Trächtigkeit, Geburt und Aufzucht große Strapazen für das Muttertier bedeuten, ist es ratsam, Weibchen nur einmal im Jahr zur Zucht einzusetzen.

 

Entwöhnung und Wachstum

 

Nach der Geburt nehmen Jungtiere allein Muttermilch auf. Dennoch kann man beobachten, dass schon Neugeborene spielerisch an Einstreu und Futter nagen. Ebenso nagen nur wenige Tage alte Welpen an Kot von Alttieren. Es wird vermutet, dass dadurch der Verdauungstrakt mit einer Microflora und wichtigen Darmbakterien kolonisiert wird. Die erste feste Nahrung wird gewöhnlich mit etwa 6 Tagen aufgenommen, kann jedoch vor dem 15. Lebenstag nicht vollständig verdaut werden.
Das Muttertier produziert nach der Geburt 35 bis 40 Tage lang Milch und säugt die Welpen meist 3 bis 4 Wochen, in seltenen Fällen auch bis zu 6 Wochen. Während zum einen die Zusammensetzung der Milch sich ändert und über die Säugezeit immer weniger Kohlenhydrate enthält, produzieren die Jungtiere auch weniger milchverdauende Enzyme und ersetzen sie durch Invertase-Enzyme zur Verdauung von fester Nahrung. Die Menge an fester Nahrung, welche die Jungen zu sich nehmen, steigert sich über diesen Prozess langsam. (vgl. Veloso & Kenagy 2005)

 

Die Jungtiere befassen sich nun auch mit anderen Erwachsenen der Gruppe und vor allem mit ihren Wurfgeschwistern. Neben der Erweiterung der Sozialbeziehungen zeigen die Jungtiere auch großes Interesse für ihre Umgebung. Die Region rund um das Nest wird schon in der ersten Lebenswoche erkundet, nach der Entwöhnung schließen sie sich den Aktivitäten erwachsener Artgenossen an.

Die Geschlechtsreife tritt bei Weibchen im Alter von 7 Wochen ein, bei Männchen mit 12 Wochen. Aus diesem Grund ist es ratsam, Jungtiere im Alter von 6 Wochen nach Geschlechtern getrennt unterzubringen.

mehr

Ebensperger, L. & A. Caiozzi (2002): Male degus, Octodon degus, modify their dustbathing behaviour in response to social familiarity of previous dustbathing marks. In: Revista Chilena de Historia Natural, 75.

 

Ebensperger, L., Veloso, C. and Wallem, P. (2002): Do female degus communally nest and nurse their pups? In: Journal of Ethology, 20.

 

Fulk (1975): Notes on the activity, reproductive and social behavior of Octodon degus. In: Journal of Mammalogy 57: S. 495-505.


Gumnior, S. (2005):
Degus. Biologie - Haltung - Zucht. Natur und Tier-Verlag

 

Helmeke, C., W. Ovtscharoff Jr, G. Poeggel & K. Braun (2008): Imbalance of immunohistochemically characterized interneuron populations in the adolescent and adult rodent medial prefrontal cortex after repeated exposure to neonatal separation stress. In: Neuroscience, 1 (3).

 

Kräh, S. (2015): Scheckung bei Degus ist homozygot letal. http://ratfrett.jimdo.com/2015/04/25/scheckung-bei-degus-ist-homozygot-letal/

 

Long, C.V (2015): Complete Degu Breeding Guide. http://www.degutopia.co.uk/degubreedhow.htm

 

Long, C.V. & L.A. Ebensperger (2009): Pup growth rates and breeding female weight changes in two populations of captive bred degus (Octodon degus), a precocial caviomorph rodent. In: Reproduction in  Domestic Animals, 45(6). S. 975-982. doi: 10.1111/j.1439-0531.2009.01470.x.

 

Veloso, C. & G. Kenagy (2005): Temporal dynamics of milk composition of the precocial caviomorph Octodon degus (Rodentia: Octodontidae). In: Revista Chilena de Historia Natural, 78.

 

Woods, C. A. & D. K. Boraker (1975): Ocotodon degus. In: Mammalian Species, Nr. 67, The American Society of Mammalogist.

 

Weir (1970): The management and breeding of some more hystricomorph rodents. In: Laboratory Animals 4. S. 83-97

 

Wilson, S. (1982): Cataract-promoting behaviour, social development, and relationship with parents in sibling juvenile degus (Octodon degus). In: Developmental Psychobiology, 15 (3).

 

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