Artgesellschaft Akazienratte und Streifenmaus

Während sich in anderen Bereichen der Tierhaltung viel tut, was Gemeinschaftshaltungen verschiedener Tierarten angeht, ist dieses Thema bei Kleinsäugern nur wenig betrachtet worden. Diese Tiergruppe ist diesbezüglich oft auch heikel: Als potenzielles Beutetier bedeuten andere Tierarten oft Stress, auf der anderen Seite leben einige Kleinsäuger teilweise auch  räuberisch und schrecken selbst vor größeren Tieren nicht zurück. Zoologische Gärten nutzen kleine Säugetiere häufig als belebenden Neben- oder Unterbesatz für Gehege mit großen Säugetieren oder Vogelvolieren. Die Kombination von Meerschweinchenverwandten mit Papageien oder Affen ist sehr häufig zu finden. Ebenso Maras oder Wasserschweine mit südamerikanischen Großtieren.
Insbesondere für die Heimtierhaltung gibt es nur wenige Beispiele von mehrfach erprobten Gemeinschaftshaltungen von Kleinsäugern. Am häufigsten trifft man sicherlich auf die Kombinationen Kaninchen/Meerschweinchen oder Vielzitzenmaus/Farbmaus. Natürlich gibt es auch Artgesellschaften, die aus verschiedenen Gründen (Aggression, Ernährung, Lebensweise) nicht funktionieren können. Dennoch zeigen auch Freilandbeobachtungen, dass verschiedene Kleinsäugerarten friedlich eng zusammen leben. Nicht zuletzt liefert das Miteinander verschiedener Tierarten auch in der Heimtierhaltung neue Anreize für die Tiere.
Da nur wenige Versuche - ob geglückt oder misslungen - überhaupt veröffentlicht werden, soll in diesem Blog nun eine Sammlung gestartet werden. Auch um die Wiederholung von bereits gescheiterten Experimenten zu verhindern.

Vorannahmen

Verbreitung barbarus paedulcus
Verbreitungsgebiete der beteiligten Arten

Von 2004 bis Mitte 2005 startete ich den Versuch, eine kleine gemischtgeschlechtliche Gruppe von baumbewohnenden  Akazienratten (Thallomys spec.) mit drei eher terrestrisch lebenden Streifengrasmäusen (Lemniscomys barbarus) zu vergesellschaften. Grundlage dieses Experiments war die Annahme, dass sich die beiden Arten bedingt durch unterschiedliche Lebensweisen kaum begegnen würden und so friedlich koexistieren. Während sich die tagaktiven Streifenmäuse eher in den unteren Bereichen aufhalten, würden die Akazienratten erst nach Einbruch der Dunkelheit aus ihren Hängenestern kommen und sich auch dann eher in den oberen Bereichen des Terrariums aufhalten. Es gäbe also zu jeder Tageszeit etwas im Terrarium zu sehen.  Zudem ist die Fütterung beider Arten ähnlich, sodass nicht befürchtet werden muss, ein Tier könne durch die Aufnahme des falschen Futters Schaden nehmen. In ihrem natürlichen Verbreitungsgebieten treffen sich die Tierarten im übrigen nicht. L. barbarus ist auf Nordafrika beschränkt, während Thallomys-Arten südlich der Sahara vorkommen. Eher teilen sich Akazienratten und Tüpfelstreifengrasmäuse (L. striatus) einen Lebensraum.

Durchführung

Beide Tierarten wurden gleichzeitig in ein für alle Individuen neues Terrarium (120 x 60 x 100 cm) gesetzt. Die Einrichtung bestand aus wenigen Klettermöglichkeiten, zwei Hängenestern und einem Schlafhaus am Boden. Das Innere des Schlafhauses war nur durch eine 20 cm lange Röhre zu erreichen. Somit sollte sichergestellt werden, dass jede Tierart die ihr zugedachten Schlafverstecke allein nutzen kann. Der Bodengrund bestand aus Holzstreu. Eine Hälfte des Terrariums war dick mit Heu ausgelegt, damit die Streifenmäuse Lauftunnels bauen konnten. Futter und Wasser standen an mehreren Stellen bereit.

 

Die erste Zusammenführung fand nachmittags statt und verlief sehr ruhig. Alle Tiere haben das neue Revier erkundet und auch die neuen Mitbewohner bemerkt. Bei Begegnungen haben sich die Tiere mit größtmöglicher Distanz beschnüffelt und blieben durchgehend friedfertig. Nach einer Stunde haben sich alle Tiere in die ihnen zugedachten Verstecke zurückgezogen und sind sich bis zum nächsten Morgen nicht begegnet.

 

Die folgenden Tage und Wochen verliefen sehr friedlich. Die Tiere sind sich in den Dämmerungszeiten begegnet. Vor allem die abendliche Fütterung hat alle Tiere auf den Plan gerufen. Entgegen der Vorstellungen zu Anfang des Experiments haben die Streifenmäuse von Anfang an auch die Klettermöglichkeiten genutzt, was jedoch durch die divergierenden Tagesrhythmen nicht zu Konflikten führte.

 

Sowohl Streifengrasmäuse als auch Akazienratten neigen in Ausnahmesituationen zu innerartlicher Aggression, die auch mit dem Tod von Individuen enden kann. Auslöser sind beispielsweise Wassermangel, Nahrungsengpässe oder Veränderungen in der Gruppenstruktur. Meine Tiere hatten durchgehend ausreichend Futter und Wasser zur Verfügung. Bei den Streifengrasmäusen kam es in der Zeit des Zusammenlebens mit den Akazienratten nicht zur Nachzucht. Die Alkazienratten hatten drei Würfe von denen einer erfolgreich aufgezogen wurde. Die schlechte Bilanz war jedoch auch in der getrennten Haltung vor und nach dem Vergesellschaftungsexperiment zu beobachten.

Gescheitert

Nach fast einem Jahr friedlichen Zusammenlebens hat das älteste Akazienrattenweibchen begonnen, einzelne Streifengrasmäuse anzugreifen, sodass diese sich zunehmend zurückgezogen haben. Um schlimmere Eskalationen zu vermeiden, wurden die beiden Arten getrennt und keine neuerliche Vergesellschaftung mehr versucht.

 

Es ist möglich, dass ein Zusammenleben der beiden Arten dauerhaft glückt, sofern geeignete Individuen zusammenleben. Jedoch kann auch bei weniger verträglichen Tieren Gegenteiliges passieren.

Ebenso wäre ein neuer Versuch mit Akazienratten und Tüpfelstreifen-Grasmäusen denkbar. Letztere sind mehr als Streifengrasmäuse an den Boden gebunden, sodass eine stärkere Trennung der Aktivitätsbereiche gegeben ist. Zudem teilen sie sich einen Großteil des natürlichen Verbreitungsgebietes mit den Akazienratten.

Wichtig ist, stets aufmerksam zu sein und Gemeinschaftshaltungen nur dann zu versuchen, wenn es für keine der beteiligten Arten zu Nachteilen kommt.

 

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