Winterfütterung von Folivoren

Seit einiger Zeit lässt sich beobachten, dass für viele Tierhalter_innen eine bedürfnisgerechte Ernährung ihrer Heimtiere immer wichtiger wird. Die Betrachtung von Facebook-Gruppen und spezialisierten Foren zeigt, dass eine immer größere Gruppe von Halter_innen das Frischfutter für ihre Kaninchen und Nagetiere am liebsten selbst sammelt. Zwar werden in den Onlinediskussionen auch Baumfrüchte und Beeren besprochen, jedoch sind es vor allem Gräser, Kräuter, Zweige und Blätter, für die sich die Halter interessieren und die sie in der Natur und im Park sammeln.
So sind es auch vor allem Kräuter- und Blattfresser (folivore) für die "Wiese" gesammelt wird.

 

Folivore Kleinsäuger in der Heimtierhaltung

Kaninchen

Meerschweinchen

Chinchilla

Degu

Präriehund

Wühlmäuse

Akazienratte

 

 

Mit grundlegendem Wissen über die verschiedenen Pflanzenarten und deren Eignung als Futter ist das tägliche Sammeln während der warmen Jahreszeit selbst in der Stadt relativ einfach zu bewerkstelligen. Jedoch stehen Halter_innen gerade im Winter vor größeren Herausforderungen. Grüne Vegetation ist fast vollständig verschwunden und nur wenige immergrüne Arten eignen sich als Futter. Somit dauert die Suche entsprechend länger und wird durch die verkürzten Tage oder gar eine geschlossene Schneedecke zusätzlich erschwert. Eine saisonale Umstellung von Degu, Chinchilla und Kaninchen auf getrocknete Kräuter und Gemüse kommt für viele nicht in Frage. Folivore Arten sollen verständlicherweise auch im Winter eine adäquaten Fütterung erhalten.

Wie kann eine Winterfütterung für blatt- und kräuterfressende Kleintiere aussehen?

Wildpflanzen im Winter

Wer es gewohnt ist, regelmäßig frisches Grünfutter selbst zu sammeln, steht zum Winter hin vor einem Problem. Bäume und Sträucher verlieren ihre Blätter, Gräser und Kräuter wachsen nicht mehr. Nur an wenigen Stellen lassen sich noch grüne Teile von Gänseblümchen, Wegerich, Sauerampfer, Lieschgras und Vogelmiere finden. Die immergrünen Baumarten Kiefer, Tanne und Fichte erscheinen in erster Linie nicht als wirklich Grünfutter für Nagetiere. Beobachtungen bei Wildkaninchen zeigen jedoch, dass die Nadeln mit ihren ätherischen Ölen und Harzen dennoch aufgenommen werden und auch die versuchsweise Fütterung an Heimtiere zeigt, dass herbivore Nagetiere kein Problem mit diesen Pflanzen haben, solange ausreichend Alternativen angeboten werden. Gerade ein abwechslungsreiches Angebot mehrere verschiedener Futterpflanzen gibt den Tieren die Möglichkeit zu wählen, was ihnen bekommt und davon auch nur so viel zu fressen, wie ihnen gut tut. Ebenfalls immergrün und sehr gut verträglich ist die allgegenwärtige Brombeere. Die Stacheln machen den wenigesten Tieren Probleme und die Blätter sind sehr beliebt. Einige immergrüne Gartenpflanzen, wie Bambus oder Lavendel können ebenfalls frisch gefüttert werden. Abgeschnittene Zweige von Hasel und Weide treiben nach ein paar Tagen bei Zimmertemperatur in einer Vase neu aus. Nicht nur die jungen Blätter sondern auch die Rinde der Zweige sind sehr beliebt.

 

mehr dazu:

Gräser und Kräuter sammeln
Blätter von Bäumen und Sträuchern

Zimmerpflanzen und Keimfutter

Viele tropische Zimmerpfanzen sind für Nagetiere ungenießbar bis giftig. Dennoch gibt es einige auch weit verbreitete Zimmerpflanzen, die problemlos gefressen werden und sich relativ einfach kultivieren lassen. 
Sehr einfach ist auch das Herstellen von Keimfutter als vitamin- und proteinreiche Frischfuttervariante.

 

mehr dazu:

Keimfutter und Keimproben
Zimmerpflanzen als Futterpflanzen

Kräuter aus dem Handel

Der Kleintierhandel bietet mittlerweile neben gezogenem Katzengras und Katzenminze auch Schönpolster,  Wegerich, Sauerampfer und andere Kräuter als Pflanzen im Topf an. Diese können als Alternative zu selbst gesammelten Pflanzen angeboten werden. Ein ähnliches Angebot gibt es schon lange in Supermärkten, die frische Küchenkräuter in kleinen Pflanztöpfen verkaufen. Hier sind vor allem Basilikum, Petersilie, Salbei und Minze zu finden und können problemlos an herbivore Nagetiere verfüttert werden. Jedoch gilt auch für Küchenkräuter, dass sie nicht allein in großen Mengen verfüttert, sondern bestenfalls als Komponente einer variationsreichen Grünfuttermischung angeboten werden. Die Tiere sollen nur so viel von den aromatischen Kräutern aufnehmen, wie es ihnen bekommt. So können auch Dill, Rosmarin, Thymian, Zitronenmelisse, Koriander, Majoran, Oregano und Bohnenkraut eine gute Abwechslung sein. Selten bietet der Lebensmittelhandel auch frischen Beifuß, Estragon, Liebstöckel und Ysop an, die ebenfalls in einer abwechslungsreichen Mischung mit anderen Grünpflanzen angeboten werden können.

Grüne Soße

Vor allem im Rhein-Main-Gebiet ist die Frankfurter Grüne Soße (Grie Soß) eine bekannte Spezialität. Diese besteht traditionell aus sieben Kräutern (Petersilie, Borretsch, Kerbel, Kresse, Pimpernell, Sauerampfer und Schnittlauch) und wird mit Kartoffeln und hartgekochten Eiern serviert. Schon vor Saisonbeginn am Gründonnerstag findet man im Supermarkt ab Januar frische Kräutermischungen, um daraus Grüne Soße herzustellen. Die Kräuter werden größtenteils in Frankfurt-Oberrad angebaut und vor allem auf Wochenmärkten und Supermärkten im Rhein-Main-Gebiet angeboten. Die enthaltenen Pflanzen sind bei einigen Tieren leidlich beliebt, werden von anderen jedoch verschmäht. Dies betrifft meist die leicht scharfe Kresse und den Schnittlauch. Ähnlich wie andere Lauchgewächse enthält Schnittlauch Stoffe, die die Schleimhäute reizen oder zu Blähungen führen können. Sofern ausreichend alternative Kräuter angeboten werden, muss Schnittlauch jedoch nicht aus der Mischung heraus sortiert werden. Die Tiere probieren und dosieren in der Regel zuverlässig von alleine. Eine nord- und mittelhessische Variante der Grünen Soße enthält Dill und/oder Zitronenmelisse. Hier fehlen meist Kerbel und Kresse.

Salat und Gemüse

In den meisten Lebensmittelmärkten wird man auch im Gemüseregal fündig, wenn es um die Ernährung von folivoren Kleinsäugern geht. Stangensellerie, Fenchel, Möhren, Radieschen und Kohlrabi werden häufig mit dazugehörigem Grün angeboten. In wenigen Märkten werden die Blattanteile von Gemüse sogar dezidiert als "Hasenfutter" verschenkt.

Ansonsten sind auch im Winter viele Salatsorten erhältlich. Salat steht als Grünfutter in Verruf, da er Nitrat einlagert, das bei der Verdauung zu schädlichem Nitrit umgewandelt wird. Dies ist vor allem im Winter der Fall, wenn die Pflanze bei kalten Temperaturen und wenig Licht (im Gewächshaus) kaum Nitrat abbauen kann. Die Belastung ist sowohl bei Salat aus ökologischem wie auch konventionellem Anbau gegeben. Einzig Produkte aus dem Freiland versprechen niedrigere Werte. (vgl. Stiftung Warentest 2008)
Ansonsten gilt auch beim Salat, nicht immer nur das eine zu füttern, sondern eine vielfältige Mischung anzubieten. Vergleichsweise niedrigen Nitratgehalt haben
Chicorée und Endivie, die höchsten Werte wurden bei Feldsalat, Kopfsalat und Rucula (der eigentlich ein Kohl ist) nachgewiesen. Auch bei anderen Kohlsorten ist nicht nur der Nitratgehalt, sondern auch die blähende Wirkung zu beachten. Jedoch nennt Wilde (2018) folgende Sorten als verträglich: Chinakohl, Pak Choi, Kohlrabi, Grünkohl, Broccoli, Blumenkohl und Romanesko.

mehr