Farbgenetik Vielzitzenmäuse

Cinnamon heterozygot gescheckt (b/b W/w)
Cinnamon heterozygot gescheckt (b/b W/w)

Vielzitzenmäuse (Mastomys) sind in Afrika schon seit langer Zeit beliebte Labortiere. Zum einen wegen ihrer schnellen Generationsfolge und der hohen Vermehrungsrate (Würfe mit 16 - 18 Jungtieren sind die Regel), sondern auch wegen ihrer Anpassungsfähigkeit. Wie bei vielen Tierarten sind auch bei der Vielzitzenmaus die ersten Fellmutationen im Labor entdeckt und weitergezüchtet worden.

Bereits in den 1950er Jahren gelangten aus südafrikanischen Zuchten "gelbe Vielzitzenratten" nach West-Deutschland und in die DDR und auch die Scheckungsmutation ließ nicht lange auf sich warten. 

Mittlerweile bedeutet es sogar große Mühe, ein Tier vom Wildtyp zu finden.

 

Bevor sämtliche Farbmutationen, ihre Kombinationen und Zeichnungsformen besprochen werden, soll zunächst auf diesen Wildtyp eingegangen werden. Die Wildfarbe ist dunkelgraubraun. Das Fell weist ein Ticking auf: Das einzelne Haar ist schwarzgrau und braun gebändert. Der Bauch ist grauweiß. Die Augen sind schwarz und die Ohren dunkelbraun. Nestjunge Tiere wirken fast schwarz. Bis sie selbstständig fressen überwiegt dunkelgrau. Erst im Lauf der Zeit werden sie immer mehr braun.

 

Leicht zu verwechseln ist die Wildfarbe mit der Braunaufhellung. Cinnamon (b/b) ist etwas heller. Es überwiegt ein gelblicher Braunton. Auch die Augen sind etwas heller. Bestes Unterscheidungsmerkmal zur Wildfarbe sind die Ohren, welche bei Cinnamon hellrosa sind. Liegt die Braunaufhellung heterozygot vor, sind die Ohren hellgrau.

 

Von den vorgenannten Phasen sehr leicht zu unterscheiden ist die Pink-Eyed-Dilution. Wie der Name schon sagt, hellt diese Mutation die Augen von schwarz zu rot auf. Ebenso werden die schwarzgrauen Eumelanine im Haar aufgehellt. Das semmelgelbe Fell von Argente (p/p) entsteht durch die silbergraue und sandfarbene Bänderung der einzelnen Haare. Der Bauch ist schmutzigweiß bis hellgrau. Es ist kaum möglich, Argente (p/p) von Silver Fawn (b/b p/p) oder der Kombination p/p r/r zu unterscheiden. Argente ist etwas dunkler, was sich meist nur erkennen lässt. wenn zwei Tiere nebeneinander betrachtet werden. 

 

Eine sehr neue, oder vielleicht auch lange übersehene Mutation ist Ruby Eyed (r/r). Man ist besonders bei Schecken oft geneigt, diese Farbe für Cinnamon zu halten. Die Ohren sind hellrosa und das Fell ist heller als bei der Wildfarbe. Jedoch ist der Anteil der Rotpigmente geringer, sodass der Gesamteindruck der Farbe etwas kälter ist als bei Cinnamon. Besonders die Jungtiere wirken fast graublau. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal sind die rotbraunen Augen, deren Helligkeit allerdings je nach Stamm variiert.

Einfarbig / Solid

Farbe Gencode Anmerkungen
Wildfarbe ++  
Cinnamon b/b Braunaufhellung
Argente p/p Pink Eye Dilution
Ruby Eyed 
r/r                  Ruby Eye Dilution

Alle genannten Mutationen können miteinander kombiniert werden. Es zeigen sich allerdings kaum Unterschiede zu den Ausgangsfarben.
Die Kombination von Braunaufhellung und Ruby-Eye-Dilution (b/b r/r) ähnelt Ruby Eyed.

Kombinationen von Cinnamon oder Ruby Eyed mit p/p sind nur geringfügig heller als Argente. Silver Fawn (b/b p/p oder p/p r/r) hat hellgraues Unterfell und die Ohren sind blass rosa.
Gleiches Gilt für die Kombination b/b p/p r/r.

Farbe
Gencode Anmerkungen
Silver Fawn                 b/b p/p oder p/p r/r      
N. N. b/b r/r  
N. N. b/b r/r p/p
 
Wildfarbe
Wildfarbe
Argente
Argente

Scheckung

Zeichnung                 
Gencode         Anmerkungen
Solid w/w  
Heterozygot gescheckt
W/w syn. Headspot, Blazed, Gremlin
Homozygot gescheckt W/W syn. Pied, Checker, Panda, Caped
White W/W + Modifikatoren

Besonders interessant ist die Vererbung der Scheckung bei Vielzitzenmäusen. Schon seit vielen Jahrzehnten werden gescheckte Vielzitzenmäuse gezüchtet und gehandelt. Allerdings haben sich erst in den letzten Jahren interessierte Futterzüchter und immer mehr aufkommende Liebhaber eingehender mit der Vererbung der Scheckung beschäftigt. Die Scheckung kann mit jedem beliebigen Farbschlag kombiniert werden.

Das W-Gen, welches für die teilweise Weißfärbung des Fells verantwortlich ist, ist dominant. Während also ein einfarbiges Tier (w/w) durchgehend gefärbt ist und kein weißes Haar hat, verursacht die W-Mutation eine teilweise Weißfärbung des Fells. Obwohl es nur dieses eine Scheckungsgen gibt, sind zwei Zeichnungsformen verbreitet: Die heterzygote Form (Headspot/Gremlin) und die homozygote Form (Pied/Variegated/Checker)

heterozygot gescheckt

Cinnamon heterozygot gescheckt (b/b W/w)
Cinnamon heterozygot gescheckt (b/b W/w)

 Besonders typisch für heterozygot gescheckte Tiere (W/w) sind die weißen Streifen über Stirn und Unterkiefer sowie einer weißen Fleckung der hinteren Körperhälfte. Es kommen auch Tiere vor, die lediglich eine weiße Blässe haben oder solche die einen besonders hohen Weißanteil aufweisen.

Argente Headspot
Argente heterozygot gescheckt (p/p W/w)
Silver Fawn heterozygot gescheckt (b/b p/p W/w)
Silver Fawn heterozygot gescheckt (b/b p/p W/w)

Silver Fawn Blazed

homozygot gescheckt

Cinnamon homozygot gescheckt (b/b W/W)
Cinnamon homozygot gescheckt (b/b W/W)

Im Vergleich dazu haben homozygot gescheckte Tiere (W/W) einen höheren Weißanteil.  Hier sind der Kopf  und das Hinterteil meistens komplett Weiß und das Tier hat eine Art Sattelzeichnung im Bereich der Schultern. Die Scheckung lässt sich über Generationen verstärken, indem man immer die am stärksten gescheckten Tiere miteinander verpaart. Jedoch ist diesem Verfahren eine Grenze gesetzt: Züchter in den USA berichten, dass selbst nach jahrelanger Zuchtarbeit keine komplett weißen Tiere zu erzielen waren, da der Nacken immer ausgefärbt geblieben ist.

Silver Fawn homozygot gescheckt
Silver Fawn homozygot gescheckt

White

Variante          
Gencode      
Anmerkungen
Platinum            
B/- W/W nur bei B/B sind die Ohren schwarz, B/b macht mittelgraue Ohren (siehe Fotos)
High White
b/b W/W
nicht von r/r W/W zu unterscheiden
PEW p/p W/W  

Zwischenzeitlich wurden in Europa schon Vielzitzenmäuse mit rein weißem Fell und schwarzen Ohren gezüchtet. Der Grund, weshalb niederländische und deutsche Züchter mehr Erfolg hatten als Amerikaner sind wahrscheinlich Weißverstärker-Modifikatoren, die eine stärkere Ausdehnung der Weißscheckung im Fell verursacht. Bei einer Kreuzung von White mit einfarbigen Tieren erreicht man schon in der F3, teilweise auch schon in der F2 komplett weiße Nachkommen. . Abhängig von der Ohren- und Augenfarbe haben sich verschiedene Namen für die White-Variationen eingebürgert. Obwohl die auf der Wildfarbe basierdenden weißen Vielzitzenmäuse mit schwarzen Ohren schon 2004 erhältlich waren, kam die Farbbezeichnung Platinum erst zwei Jahre später, wahrscheinlich in Anlehnung an den gleichnamigen Farbschlag bei Weißbauchigeln.

Durch Einkreuzung von Cinnamon in die Platinum-Linien erreichten zwei deutsche Züchter nahezu gleichzeitig Tiere, die nicht nur weißes Fell sondern auch weiße Ohren hatten. Diese Kombination erhielt den Namen High White. Auch die Kombination von Ruby Eyed und dem Platinum-Gen wird High White genannt. Es lässt sich ohne Testverpaarung nicht feststellen ob ein Tier des Farbschlags High White auf b/b oder r/r basiert.

Kurze Zeit später kam bei mir das erste rotäugige weiße Männchen zur Welt. Genauso wie bei anderen Nagetierarten üblich wird dieser Farbschlag Pink Eyed White (PEW) genannt. Mittlweile sind alle White-Varianten weit verbreitet und leicht erhältlich.