Zwergstachelmäuse

Biologie

Die Zwergstachelmaus (Acomys spinosissimus) ist mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 6 - 8 cm die kleinste bekannte Stachelmausart. Der Schwanz ist etwa körperlang und das Gewicht beträgt rund 30 g. Der kompakte Körperbau und der spitz zulaufende Kopf erinnern an andere Acomys-Arten. Insgesamt wirken Zwergstachelmäuse mehr muskulös als zierlich. Bei reichhaltiger Ernährung können die kleinen Tiere durchaus eher wuchtig bis plump gebaut sein. Das Fell ist oberseits gelbbraun und unterseits weiß gefärbt. Die Seiten sind heller als der Oberrücken.  Der Schwanz ist dunkelbraun und nach unten hin heller.
Typisch für die Gattung sind d
ie größtenteils zu dicken, stachelartigen Borsten ausgebildeten Haare der Körperoberseite. Ebenso zeichnet sich auch A. spinosissimus durch eine lange Tragzeit und weit entwickelte Jungtiere aus.

Verbreitung und Lebensraum

Zwergstachelmäuse haben im Vergleich zu anderen Acomys-Arten ein sehr großes Verbreitungsgebiet. Sie werden von Ost-Tansania über den südöstlichen Teil ver Demokratischen Republik Kongo, Sambia, Malawi, Simbabwe, Ost-Botswana, Zentral-Mozambique und nördliche Teile Südafrikas. Die Population ist insgesamt stabil und nicht gefährdet. Dennoch ist die Art im Süden häufiger zu finden als im Norden. Der charakteristische Lebensraum sind trockene Savannenwälder mit felsigem Boden bis zu einer Höhe von 1800 m über dem Meerespiegel.

Lebensweise

Zwergstachelmäuse sind dämmerungs- und nachaktive Bodenbewohner. Anders als viele andere bekannte Mäusearten leben sie eher solitär oder in Paaren zusammen. Große Gruppen kommen selten vor und neigen auch in der Heimtierhaltung eher zu Problemen. Mit Einbruch der Dunkelheit verlassen die Tiere ihre Verstecke und gehen einzeln oder gemeinsam auf Futtersuche. Neben Samen und anderen Pflanzenteilen werden auch Insekten und speziell Schnecken aufgenommen. Immer wieder suchen Zwergstachelmäuse Felsspalten und andere Verstecke auf, um dort in Ruhe zu fressen. Das Tagesversteck ist mit weichen pflanzlichen Materialien ausgepolstert, jedoch wenig aufwändig gestaltet. Das ganze Jahr hindurch sind Männchen wie auch Weibchen fruchtbar und können mehrere Würfe pro Jahr produzieren. 

Haltung

Grundsätzlich unterscheidet sich die Haltung von Zwergstachelmäusen kaum von der anderer Stachelmäuse. Zumeist werden Glas- oder Holzterrarien empfohlen. Hier sollte auf große Lüftungsflächen geachtet werden. Die Mindestfläche für ein Paar sollte 80 x 50 cm (4000cm²) nicht unterschreiten. Da die Tiere keine ausgesprochenen Kletterer sind, ist eine Höhe von 50 cm also ausreichend. Als Bodengrund können handelsübliche Streusorten aus Holz, Flachs oder Hanf ebenso verwendet werden, wie ton- oder lehmhaltiger Sand oder Maisspindelgranulat. Heu wird angeknabbert und teilweise als Nistmaterial genutzt. 

Die Einrichtung kann aus Aststücken, Wurzeln, Steinen und trockenen Zweigen bestehen. Als Unterschlupfmöglichkeiten dienen neben handelsüblichen Hamsterhäusern auch einsturzsichere Steinaufbauten, Tonblumentöpfe oder ähnliche Kunsthöhlen.

Abgebissene Schwänze

Immer wieder sieht man Stachelmäuse, denen von Artgenossen der Schwanz bis zur Wurzel abgebissen wurde. Diese innerartliche Aggression wird meist interpretiert als ein Zeichen dafür, dass die Tiere durch falsche Gruppenzusammensetzung oder zu wenig Platz gestresst sind. Auch meine beiden ersten Zwergstachelmäuse hatten bei ihrer Ankunft keine Schwänze mehr.
Der Austausch mit anderen Halter_innen hat zunächst keine besonderen Erkenntnisse gebracht. Bei Wikipedia sind (leider ohne Quellenangabe) einige interessante Angaben zu diesem Verhalten bei Acomys zu finden. Das Abnagen der Schwänze wird hier auch als Stressreaktion auf falsche Beleuchtung und Klima zurückgeführt. Auch wenn ich hierzu keinen Nachweis aus der Fachliteratur liefern kann, ist eine Optimierung der Haltung zum Wohle der Stachelmäuse sicher einen Versuch wert. Wie auch bei anderen Kleintieren, müssen wir uns bei Stachelmäusen von der Vorstellung einer sehr simpel zu haltenden und genügsamen Art verabschieden. Der Wikipedia-Artikel liefert konkrete Empfehlungen: Um den einen für den Stachelmausorganismus natürlichen Tagesrhythmus nachzuempfinden, wird eine Haltung empfohlen, in der die Tiere tagsüber viel Licht erhalten. Zudem sollten die Temperaturen tagsüber deutlich über 30° C liegen, während für afrikanische Acomys-Arten eine Nachtabsenkung auf bis zu 4° C erreicht werden soll. Dies soll für ein natürliches Sozialverhalten essenziell sein. Ob es für die Gesundheit der Tiere wirklich zuträglich ist, täglichen Schwankungen von mindestens 25° ausgesetzt zu sein, bleibt fraglich. Ebenso ist es kaum möglich, ein Terrarium unter Zimmertemperatur herunterzukühlen. Dennoch können eine lange Lichtzeit und höhere Tagestemperaturen durch eine Wärmelampe erreicht werden. Das Ausschalten der Lampe am Abend führt dann auch zu einer deutlichen Nachtabsenkung.
Unabhängig davon, dass der_die Autor_in statt realisierbarer Klimaempfehlungen eher durchschnittliche Klimadaten aus dem Ursprungsgebiet empfiehlt und keine wissenschaftliche Quelle nennt, ist die Argumentation zumindest einleuchtend: auffällige Verhaltensweisen, wie etwa andauernde Ruhephasen in Hockstellung außerhalb des Unterschlupfs sind vielen Stachelmaushalter_innen trotz ausreichend großem Terrarium und ansonsten optimaler Versorgung ein bekanntes Bild. Darüber hinaus wird im gleichen Artikel empfohlen, die Luftfeuchtigkeit möglichst niedrig zu halten. Dies ist nicht nur durch viel Licht und Wärme sowie gute Belüftung zu erreichen, sondern auch durch trockenen, harten Untergrund. Steinige, sandige und Feuchtigkeit bindende Substrate sollen Atemwegserkrankungen und Infektionen vorbeugen.
Neben einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus ist auch geistige Unterforderung bei Stachelmäusen ein Faktor, der Störungen des (Sozial-)Verhaltens hervorrufen kann. Es gilt also, die Umgebung der Tiere ständig interessant zu halten und sie auch geistig auf Trab zu halten. Dies kann beispielsweise auch bei der Fütterung geschehen.

Ernährung

In vielen Beiträgen gelten Zwergstachelmäuse als vorwiegend insectivor. Viele Halter_innen füttern jedoch größtenteils Saaten und weniger tierische Nahrung. Ebenso ist das Futter oft sehr reichhaltig. Als Bewohner karger Lebensräume sind Stachelmäuse allgemein und Zwergstachelmäuse im Besonderen nicht auf fett- und zuckerhaltige Ernährung eingestellt. Gesundheitliche Probleme sind deshalb oft vorprogrammiert. 

Grillen, Heuschrecken und Soldatenfliegenlarven haben allesamt einen hohen Proteingehalt bei geringem Fettanteil und können täglich gefüttert werden. Ebenso geeignet sind Zophobas-Larven. Gerade die günstigen und beliebten Mehlwürmer werden mittlerweile als minderwertige Dickmacher von vielen Halter_innen abgelehnt. Zusätzlich zu Insekten sollte immer eine Mischung aus Samen und Getreide angeboten werden. Die Zusammensetzung von Sistermann (2007) ist relativ simpel und wird seit Jahren von vielen Halter_innen angewandt. 

Die Fütterung lebender Insekten und das Verstreuen von Kleinsaaten im Terrarium führen dazu, dass Stachelmäuse bei der Futtersuche mehr gefordert sind, als wenn sie ihre Nahrung in einem Napf angeboten bekommen. Darüber hinaus können Kolbenhirse, Flachsähren und Darikolben eine nette Abwechslung darstellen. Sind gerade keine Insekten zur Hand oder möchte man keine lebenden Tiere verfüttern, kann auf gefriergetrocknete Grillen oder Gammarus zurückgegriffen werden. Ebenso kann hochwertiges Trockenfutter für Hunde eine Alternative darstellen. Hierbei ist jedoch die Beschäftigung durch die Jagd nicht mehr gegeben.

Als Frischfutter können verschiedene Gräser und Kräuter sowie Gemüse (Fenchel, Schwarzwurzel, Gurke, Broccoli, Salat) angeboten werden. Gute Erfahrungen habe ich auch mit Schönpolster und Zebra-Ampelkraut gemacht, die auf dem Fensterbrett oder Balkon gezogen werden können. 

Auch wenn sie aus trockenen Gebieten kommen und an diese Bedingungen angepasst sind, sollte Stachelmäusen immer Wasser zur Verfügung gestellt werden. Dies kann über eine Wasserflasche mit Kugelventil geschehen.  Eine Schale mit Wasser ist natürlich auch möglich, jedoch erhöht sich hier durch  Verdunstung auch die Luftfeuchtigkeit im Terrarium. 

Zucht

Es ist relativ leicht, Zwergstachelmäuse zur Fortpflanzung zu bringen. Meist reicht es aus, Männchen und Weibchen annähernd so wie oben beschrieben zusammen zu halten. Selbst in kleinen Laborkäfigen ist die Nachzucht schon gelungen. Die erfolgreiche Aufzucht der Jungen bis zur Entwöhnung ist jedoch nicht ganz so einfach. Zwergstachelmäuse sind mit neun bis zwölf Wochen fortpflanzungsfähig. Nach einer vergleichsweise langen Tragzeit von 35 bis 38 Tagen kommen ein bis vier weit entwickelte Jungtiere zur Welt. Wie alle Acomys-Arten sind auch Zwergstachelmäuse eher Nestflüchter mit von Geburt an geöffneten Augen und Ohren und vollständiger Behaarung. Die Mutter säugt die Welpen im Nest oder im näheren Bereich des Nestes. Diese nehmen aber fast schon vom ersten Tag an auch feste Nahrung zu sich. Nach nur zwei Wochen sind die Jungtiere vollständig entwöhnt.
Immer wieder berichten Züchter_innen davon, dass Elterntiere völlig ohne Vorzeichen über Nacht ihre Nachkommenschaft auslöschen. Da die Jungen bereits schnell vergleichsweise selbstständig sind, ist das Töten und teilweise bis vollständige Auffressen der halbstarken Jungtiere oft sehr überraschend. Es gilt bei schlecht aufziehenden Paaren zunächst an den Parametern der Aufzucht zu manipulieren und sämtliche Störfaktoren abzuschalten (Hell-Dunkel-Rhythmus, Klima, Nachtabsenkung, Fütterung, Beschäftigung, Sozialstruktur, Störung durch den Menschen etc.). Ebenso sollte eher mit Paaren gezüchtet werden, die trotz suboptimaler Bedingungen erfolgreich aufziehen, während mit heiklen Eltern kein Nachwuchs mehr produziert werden sollte.

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